„Hallo Mara.“
Seit seinem letzten Anruf waren ihm wohl noch etliche Whiskeys und viel
Zigarettenqualm durch den Hals gegangen.
„Papa?“, fragte Maren.
„Wer sonst.“
„Ist lange her, dass du angerufen hast.“
Husten.
„Und du rufst nie an“, sagte er schließlich und schluckte irgendwas
runter.
„Ich muss arbeiten, Papa.“
Schweigen.
„Was macht
dein Beamter?“, fragte er dann.
„Wolfgang ist kein Beamter. Das weißt du. Er hat natürlich auch viel
zu tun. Ist viel auf Dienstreise, zurzeit.“
„Für mich ist er ein Beamter. Zuverlässig und langweilig.
Beschränkt
und bequem.“
„Du bist ungerecht.“
Hustendes Lachen.
„Ja. Und du?“
„Ich bemühe mich um Objektivität.“
Lachendes Husten. Schlucken.
„Wie es dir geht, meine ich.“
„Ja, gut natürlich. Gut. Wie gesagt, viel zu tun. Auch mit dem Haus
und dem Garten, natürlich.“
„Dann wirst du ja sicher bald
Oberstudienrätin, wenn du dich so
reinhängst, was?“
„Papa, ich mache keine volle Stelle. So einfach ist das nicht mit
der Beförderung. Da gibt es eine Menge Konkurrenz. Da wird man
nochmal richtig geprüft.“
„Na“, brummte er, „dann natürlich nicht.“
„Peter hat eine neue Freundin“, sagte Maren, um irgendwas zu sagen.
„Die ist in Ordnung“, erwiderte er.
„Klug und sexy. Ich mag sie.“
„Du kennst sie?“
Maren war erstaunt. Nein, eigentlich eher entsetzt. Sie hatte das
Mädchen noch nie gesehen. Hatte nur beiläufig von ihr erfahren.
„Die beiden waren hier. Haben mich besucht.“
„Ach“, das war alles, was Maren herausbrachte. Das hätte sie nie
für möglich gehalten.
„Scheint ihm gut zu tun. Vielleicht bringt sie ihn ja zur Vernunft
und überredet ihn endlich dazu, mit dieser Wirtschaftsscheiße
aufzuhören.“
„Papa!“
„Der Junge soll sich bloß nicht so verbiegen und für irgendwelche
Geschäftsmodelle leben.“
„Ach“, entfuhr es Maren. „Soll er es so machen wie du? Ja?
Ausbildung abbrechen, Schwarzarbeit, Sozialleistungen, Taxi fahren.
Frau und Kind verlassen. Das wäre für dich in Ordnung, ja?“
Diesmal wusste Maren nicht, ob er lachte oder hustete. Weinen konnte
es ja nicht sein.
„Ich komm dich mal besuchen, die Tage“, sagte er.
„Na, schön. Da freue ich mich aber.“
„Ja“, sagte er ernsthaft, „ich mich auch.“
Und dann war die Verbindung abgebrochen.
„Arschloch“, sagte Maren und warf das Telefon auf den Couchtisch.