Eigentlich war der Abend gut gewesen. Sie hatte die Korrekturen abgeschlossen, war trotzdem einigermaßen pünktlich ins Bett gegangen, hatte nur ein Glas Rotwein getrunken und war sogar recht zügig eingeschlafen. Gute Voraussetzungen, eigentlich. Warum fuhr ihr dann jetzt das Piepen von Wolfgangs Wecker wie Nägel in ihre Schläfen? Sie zog sich das Kissen über den Kopf und presste es auf die Ohren. Mein Gott, konnte er diesen Scheißwecker nicht endlich ausschalten? Das war nicht auszuhalten, diese grellen, stechenden Töne. Wolfgang rührte sich nicht, so fest konnte ein Mensch doch gar nicht schlafen. Wollte er sie zur Weißglut treiben, schon am frühen Morgen! Ehe sie selbst begriff, was sie tat, schleuderte sie ihr Kissen auf den Wecker. Sie bereute es sofort, das war keine gute Idee gewesen. Das Kissen fegte alles von Wolfgangs Nachttisch. Ein Glas mit Wasser, das immer dort stand und aus dem er nie trank, sein Handy und ein Buch. Und den Wecker. Das Glas zerschellte, vom Handy flog ein Plastikteil davon und das Buch prallte dumpf auf den Boden. Jetzt war Wolfgang wach. Er machte das Licht an, setze sich auf und schaute sich um. Seine Haare klebten ihm in der Stirn und ohne Brille wirkte er hilflos. Aber er verstand die Situation doch so schnell, dass Maren sich jetzt sicher war, dass er den Wecker absichtlich hatte klingeln lassen. Er hatte mit offenen Augen dagelegen und drauf gewartet, was sie machen würde. Dieser Mistkerl. Jetzt stand er ganz unschuldig auf und sammelte mit vorwurfsvollem Blick die Scherben auf. Legte Buch und Handy zurück auf den Nachttisch, wischte beides mit dem Schlafanzugärmel trocken.
„Guten Morgen“, sagte er und sie hörte, wie künstlich seine Stimme klang.
„Ein wunderbarer Morgen“, fuhr sie ihn an, „ganz toll. Hast du eine Ahnung, was ich heute für einen anstrengenden Tag vor mir habe? Kannst du dir vorstellen, wie mich das Gepiepse deines Weckers fertigmacht?“
Sie sprang auf, lief aus dem Schlafzimmer ins Bad und warf die Tür hinter sich zu. Er würde ihr nicht nachkommen, aber sie drehte trotzdem den Schlüssel rum.