„Eigentlich reden wir über Irrgärten, die viel später entstanden als die Labyrinthe. Letztere führen zwar auf einem verschlungenen Weg, aber ohne Abzweigungen und Kreuzungen zum Zielpunkt.“
„Ich kenne den Unterschied“, erwiderte Weidenstetter. Er kam zu der Einsicht, dass er wohl noch eine zweite Flasche Spätburgunder würde opfern müssen.
„Und natürlich gibt es mathematische Lösungen dafür, in einem Irrgarten zum Zielpunkt zu kommen und von dort wieder zurück zum Eingang.“
„Wer will schon zurück?“, brummte Wolfgang, erhob sich, als drücke ihn eine Last nieder, und ging zum Weinregal.
„Am einfachsten sind natürlich die Rechtehandregel beziehungsweise die Linkehandregel. Man bewegt sich so, dass eine Hand unablässig die Wand an seiner Seite berührt. Jeden Eingang auf dieser Seite nimmt man mit, so dass die Berührung nicht abreißt. In einer Sackgasse führt einen dieses Prinzip auf die andere Seite des Ganges und so auf den Weg zurück bis zum nächsten Abzweig. Auf diese Weise findet man nicht unbedingt den kürzesten Weg, aber einen möglichen.“
„Aber es gibt doch sicher auch mathematische Lösungen, die das verhindern“, retournierte Weidenstetter brav.
„Nur teilweise“, Schaden war die Freude darüber anzusehen, dass er die Vorlage so schön annehmen konnte. „Es gibt komplexe Irrgärten, bei denen es so etwas wie Inseln gibt. Bleibt man dort immer an einer Seite der Wand, wird man um diese Inseln herumgeführt und erreicht nie dessen Inneres. Das Heckenlabyrinth von Chevening ist ein Beispiel dafür. Allerdings kann man, wenn man sich umdreht und die Wandseite wechselt, auch in einem solchen Labyrinth mit der Handregel an den Ausgangspunkt zurückkehren.“
„Faszinierend“, sagte Weidenstetter und fasste den festen Entschluss, dass dies Schadens letzter Besuch in seinem Weinkeller bleiben sollte.