Wolfgang schloss die Haustür auf, trat in den Flur. Stille begrüßte
ihn. Noch war unklar, welche Art von Stille das war. Die Luft war
nicht ganz frisch und etwas kühl, was dafür sprach, dass Maren nicht
zu Hause war. Möglich war aber auch, dass sie im Arbeitszimmer saß,
die Tür geschlossen, die zweite Sektflasche auf dem Schreibtisch.
Vielleicht war es auch die Ruhe vor dem Sturm.
Er fand Maren im Wohnzimmer. Wolfgang ging zu ihr, beugte sich vor
und küsste sie auf die Wange. „Hallo Schatz“, sagte er und setzte
sich ihr gegenüber in seinen Sessel.
„Ich bin krankgeschrieben“, sagte Maren, den Blick unverwandt auf
den Couchtisch zwischen ihnen gerichtet. „Vier Wochen.“
„Vier Wochen“, rief Wolfgang. Das war ungewöhnlich. Meist blieb es
bei wenigen Tagen, mal einer Woche, wenn sie nicht mehr konnte. Vier
Wochen - das schien ernst.
„Ja.“
„Was sagt Doktor Fennenzieher?“
„Ich soll mich behandeln lassen.“ Ihre Stimme klang, als wären die
vermuteten zwei Flaschen schon leer. Leicht schleppend, mit monoton
gleichbleibendem Tonfall. „Und vielleicht noch eine Kur machen. In
einer Klinik für psychosomatische Störungen.“
„Aha“, sagte Wolfgang. Er zögerte. „Das ...“ Jetzt durfte er nichts
Falsches sagen. „Das klingt doch erstmal vernünftig. Das gibt dir
Zeit, etwas Abstand zu gewinnen.“ Möglicherweise, dachte er, hilft
es ja wirklich. Vielleicht eröffnet das die Chance auf ein neues
Leben. Ein Leben, in dem sie sich von altem Ballast befreit.
„Ich finde, das
hört sich gut an“,
fügte er hinzu.
„Ich habe Angst“, sagte Maren. „Ich will nicht hören, was die dort
über mich herausfinden.“
Das war der ehrlichste Satz, den Wolfgang seit langem von ihr gehört
hatte. Er beugte sich vor und legte seine Hand auf ihre.