„Frau Brand?“
Sie drehte sich um. Hallsleben war ihr auf den Parkplatz gefolgt. Was wollte er von ihr? Mathe und Physik, sie hatten fachlich nichts miteinander zu tun.
„Ja?“ Maren versuchte, offen zu klingen und nicht gleich zu viel Defensive in ihrem Tonfall zu verraten.
„Ich wollte nur ...“, sagte Hallsleben und stockte. „Also, das hört sich vielleicht etwas aufdringlich an, aber ich mache mir Sorgen um Sie. Sie wirken in der letzten Zeit etwas - bedrückt?“
Hallsleben war Mittelstufenleiter. Gehörte zur Schulleitung. Hatte sicher von der Sache mit den Heften damals gehört. Und wusste, dass sie wegen der vielen Fehltage schon am ersten Krankheitstag ein Attest des Arztes vorlegen musste. Kannte die Kritik an ihrer Notengebung.
„Haben Sie gesundheitliche Probleme?“, fragte Hallsleben weiter. „Oder private? Gibt es etwas, womit ich Ihnen helfen kann?“
„Danke“, sagte Maren, schluckte und lächelte ihn an. „Wie nett, dass Sie nachfragen. Aber es ist soweit alles in Ordnung. Mein Mann und ich haben gerade eine etwas schwierige Phase. Kleinigkeiten eigentlich, aber, na ja. Das kostet mich gerade etwas Kraft. Aber nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste ...“
„Gut“, sagte der Kollege und nickte ihr zu. „Ich wollte Ihnen auch nicht zu nahe treten. Aber falls ich hätte helfen können ...“
„Nein, nein“, rief Maren. „Das ist, nein, das ist ja wirklich freundlich von Ihnen, so aufmerksam zu sein. Wirklich sehr aufmerksam. Vielen Dank.“
„Gut“, wiederholte Hallsleben, nickte ihr noch einmal zu und wandte sich zum Gehen.
„Schönen Nachmittag“, sagte er, und Maren bedankte sich noch einmal.
Als sie in ihrem Auto saß, brauchte sie eine Weile, um sich zu beruhigen. Ihr Puls raste, der Atem ging schnell und flach. Warum? Es war nichts passiert. Hallsleben wollte freundlich sein. Kollegial. Ist doch gut. Alles gut. Tief durchatmen. Sie hat ja auch fast normal reagiert. Etwas zu angespannt vielleicht. Aber soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie nichts Falsches gesagt. Immerhin. Sie ließ den Motor an und fuhr los.