Professor Weidenstetter war auf dem Weg zu seinem Institut und fragte sich gerade, ob sein Privatparkplatz wohl diesmal freigehalten worden war. Da erkannte er die junge Frau in dem Auto, das ihm entgegen kam. Das war doch die Sommeraus, das stille, fleißige Lieschen. Julia Sommeraus. Er wollte gerade die Hand heben, um eine freundliche, aber nicht zu herzliche Geste des Grußes auszuführen, als er feststellte, dass die Studentin ihn nicht sah. Sie blickte nach unten. Das bedeutet, schlussfolgerte Weidenstetter, dass sie gar nicht merkte, wie sie aus ihrer Spur geriet. Als ihm der Gedanke kam, dass er jetzt hupen müsste, war der richtige Augenblick dafür schon vorbei. Er riss das Steuer herum, seine E-Klasse machte eine scharfe, von elektronischen Assistenzsystemen kontrollierte Ausweichbewegung, mit dem Erfolg, dass der Polo der Studentin ihn nicht frontal, sondern seitlich gegen das Heck rammte. Der Knall war nicht so laut, wie Weidenstetter befürchtet hatte, trotzdem kreiselte sein Wagen über die Straße in den Gegenverkehr, der mit komödiantischem Reifenquietschen rechts und links um ihn herum zirkelte. Dann rammte er irgendwo gegen und der Knall der aufspringenden Airbags war lauter als der eigentliche Unfall. Irgendwann später öffnete Weidenstetter die Tür und stieg aus. Seltsam, dass der Polo nirgendwo zu sehen war. Das war doch ein Totalschaden, gar nicht anders vorstellbar.